Jetzt wird’s chemisch. Heute bekommst du von uns mal einen etwas anderen Einblick in die Welt der Bartöle. Dass wir überzeugte Fans von diesen sind, ist dir sicher nicht entgangen. Dass wir auf native, kaltgepresste Basisöle und ätherische Öle setzen, sicher auch nicht. Dass wir sogar zum Selbermischen anregen, ebenso nicht. Immer wieder kommt es jedoch vor, dass der ein oder andere nicht glücklich ist mit seinem Bartöl. Wir haben uns gefragt, weshalb.
Zum einen kann es daran liegen, dass dein gekauftes oder selbst gemixtes Bartöl nicht auf die Bedürfnisse deiner Barthaare und der Haut darunter eingeht. Das liegt dann womöglich an der Kombination der Basisöle, die für dich nicht optimal ist und deine Haut falsch oder unzureichend versorgt. Du weißt ja, es gibt trockene, fettige, sensible Haut und so weiter, und somit unterschiedlichen Hunger nach Nährstoffen, insbesondere nach Fettsäuren. Aber es kann auch daran liegen, dass sich dein Bartöl nicht gut verteilen lässt, somit nicht flächendeckend ankommt und deine Haut teils unversorgt bleibt. Das liegt dann oftmals an der Spreitfähigkeit des Öls. Wir gehen etwas tiefer in die Chemie, die höchst kompliziert ist, so dass wir sie hier nur ankratzen können. Wir betrachten die wichtigsten Fettsäuren, die Spreitfähigkeit und sinnvolle Kombinationen.
Fettsäuren, Spreitfähigkeit und sinnvolle Ölkombinationen.
Die Fettsäuren. Sie liefern, was Haut und Barthaare brauchen.
Fettsäuren sind Bausteine von festen Fetten und flüssigen Ölen, die aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff bestehen. Innerlich dienen sie unserem Organismus als Energielieferanten, äußerlich bilden sie den Säuremantel und die Schutzbarriere der Haut auf. Es gibt gesättigte Fettsäuren, die in tierischen Fetten dominieren und feste Konsistenz aufweisen und einfach, zweifach sowie mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die verstärkt in Pflanzenfetten vorkommen und sehr weich bis flüssig sind. Der Unterschied? Die einen sind stabil, die anderen nicht. Je ungesättigter Fettsäuren sind, desto weniger Wasserstoffatome haben sie, was sie reaktiver macht. Das heißt, sie reagieren verstärkt auf Sauerstoff, UV Strahlung und Wärme, sprich sie oxidieren und zersetzen sich schneller. Die Spaltprodukte sind oftmals toxisch oder zumindest reizend, was zu Hautschäden oder Hautirritationen, führt. Diese Empfindlichkeit ist der Grund, weshalb Bartöle in dunklen Fläschchen und im Kühlschrank aufbewahrt werden sollten. Sind sie zersetzt, sind sie ranzig, riechen bitter und sollten dann keinesfalls mehr verwendet werden. Man unterscheidet auch noch Fettsäuren, die der Körper selbst herstellen kann und solche, die er nicht herstellen kann. Diese heißen dann essentielle Fettsäuren und müssen mit der Nahrung oder über Kosmetika zugeführt werden.
Die wichtigsten Fettsäuren sind Ölsäure, Linolsäure (Omega-6-Fettsäure), Palmitinsäure, Palmitoleinsäure, Stearinsäure, Arachinsäure und Linolensäure (Omega-3-Fettsäure). Da jede Fettsäure ihre spezielle Wirkung hat, sollte in Bartölen ein breites Fettsäurespektrum samt deren anderen funktionellen Begleitstoffen vorhanden sein, damit viele bis alle guten Eigenschaften für Barthaare und die Haut darunter zur Verfügung stehen. Deshalb werden verschiedene Basisöle kombiniert, auch wenn manche als Solo-Öle geeignet wären. Eigenschaften, die so erzielt werden, sind: Oxidative Stabilität, Rückfettung, Feuchtigkeitszufuhr, Barriereschutz, Zellregenerierung, Wundheilung, Entzündungshemmung, Pflege, Glättung, gute Verteilung und oberflächliches oder tiefes Einziehen.
Die Spreitfähigkeit. Beim Bartöl erwünscht ist die gute Verteilung.
Das Spreitverhalten beschreibt das Verhalten von Fettsäuren, sich nach dem Auftragen auf der Haut von selbst auszubreiten. Dieses kann sehr unterschiedlich sein, nämlich hoch-, mittel- und niedrigspreitend, je nach Viskosität und Oberflächenspannung des Öls.
Hochspreitend heißt, das Öl verteilt sich sehr gut und dringt rasch, aber nur oberflächlich ein. So erzeugt es ein schnelles Glättegefühl, das jedoch ebenso schnell wieder auf das alte Niveau zurückfällt. Angenehm ist hierbei die kaum fettende Haptik.
Niedrigspreitend heißt, das Öl verteilt sich langsam und dringt tief ein. Dies führt zu einem deutlich geringer ausgeprägten Glättegefühl, das jedoch lange anhält. Dies prädestiniert es für den Einsatz am Auge, denn es kriecht nicht in die empfindlichen Schleimhäute. Es ist haptisch jedoch ausgeprägt fettend.
Mittelspreitendes Öl tut dies alles folglich in Mittelwerten. Der Spreitwert einer Fettsäure ist also von Bedeutung für ein Bartöl. So gewährleistet eine Mixtur, die aus schnell, mittel und langsam spreitenden Ölen zusammengesetzt ist, ein angenehmeres Auftragsverhalten und Hautgefühl sowie intensivere, länger anhaltende Pflege als ein Solo-Öl.
Welche Öle bewirken was? Ölgruppen.
Um möglichst alle positiven Wirkungen zu erfahren, die wir von einem Bartöl erwarten, sollten also verschiedene Basisöle gemischt werden. Es werden dabei fünf Ölgruppen unterschieden.
Öle der stabilisierenden Gruppe sind reizfrei und oxidationsstabil, wie zum Beispiel Squalan und Jojobaöl. Sie bewirken eine längere Haltbarkeit des Bartöls und sind gut für sensible Haut.
Öle der emulgierenden Gruppe bewirken eine erhöhte Viskosität, leichte Konsistenz und sensorische Reichhaltigkeit, sind sehr rückfettend und schützend wie beispielsweise Kakaobutter und Sheabutter (feste Konsistenz, daher für Bartbalsam statt Bartöl).
Öle der spreitfähigen Gruppe sorgen für gute Verteilung, glätten, kühlen und gleichen stark rückfettende Fettsäuren aus, wie beispielsweise Kokosöl (feste Konsistenz, daher für Bartbalsam statt Bartöl) und wiederum Squalan.
Öle der pflegenden Gruppe pflegen und schützen die Hautbarriere besonders gut, manche sind dabei lichtstabil, wie unter anderem Aprikosenkernöl, Avocadoöl, Macadamianussöl und Mandelöl, andere wie Traubenkernöl, Mohnöl sind dies dagegen gar nicht stabil, Arganöl ist mittelstabil.
Öle der Wirkstoffgruppe können außerordentliches leisten, wie Entzündungen hemmen, Zellen regenerieren, Barriere wieder aufbauen und Wunden heilen. Das sind Öle mit speziellen und seltenen Fettsäuren wie Hanföl, Walnusskernöl, Nachtkerzenöl und Schwarzkümmelöl.
Sinnvolle Ölkombinationen für ein Bartöl.
Gute Hersteller haben sich eingehend mit der Materie beschäftigt und ausgewogene Bartöle kreiert. Diese sind in der Regel so zusammengesetzt, dass sie normale Haut und Barthaare bestens bedienen. Eine beispielhafte Mischung, die vielen eine gute Haut und einen tollen Bart zaubert, enthält meist Jojobaöl, Traubenkernöl, Arganöl, Aprikosenkernöl und Squalan. Dennoch: Jeder ist anders, und es kann vorkommen, dass es für dich eben nicht passt. Versuche dann ein anderes. Betrachte dabei dann deine Haut und Barthaare, wie sie beschaffen sind und dann die Eigenschaften der Öle und wähle, was du brauchst.
Sinnvoll ist eine Mischung von Ölen aus allen Ölgruppen, um ein möglichst stabiles, pflegendes, regenerierendes, glättendes und spreitendes Bartöl zu erhalten. Bei der prozentualen Zusammensetzung kommt es dann darauf an, was deine Haut speziell braucht. Mehr Fett, da spröde? Dann sollte mehr von einer rückfettenden Fettsäure hinein, beispielsweise Sheabutter. Sehr sensible Haut? Dann mehr von reizfreien Basisölen, wie Jojobaöl. Viel in der Sonne? Dann mehr von lichtstabilen Basisölen, wie Aprikosenkernöl oder Arganöl. Geschädigte oder entzündete Haut? Dann mehr von den Wirkstoffölen wie Hanföl oder Nachtkerzenöl. Mächtiger Bart, gute Verteilbarkeit nötig? Dann mehr von den spreitfähigen Ölen, wie Squalan. Und so weiter und so fort.
Das alles ist sehr komplex und umfangreich, so dass wir hier nur eine Anregung, heißt, eine Richtungsweisung zum Weiterrecherchieren geben können. Abschließend nochmals unsere Empfehlung, auf native Qualität zu achten. Nativ sind sowohl gesättigte als auch ungesättigte Fettsäuren in der richtigen Dosis und Zusammensetzung innerlich oder äußerlich angewendet eine gesunde Sache. Raffinieren dagegen bewirkt immer eine Denaturierung ursprünglicher Strukturen, wobei gute Wirkungen oftmals verloren gehen oder sogar gesundheitsschädliche sogenannte Transfettsäuren entstehen.
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