Wilde Seefahrer und Entdecker? Unzählige Geschichten über die wilden Wikinger weiß die skandinavische Geschichte aufzuzählen. Und vielleicht taucht vorm geistigen Auge des einen oder anderen von uns noch die animierte TV Kinderserie „Wickie und die starken Männer“ auf, damals noch Zeichentrick genannt. Vor nicht allzu langer Zeit gab es sogar eine Realverfilmung mit den Serienhelden.
Wie sicher jedermann weiß, fand im Rosenheimer Lokschuppen vom 11.03. bis zum 04.12. 2016 eine Ausstellung über die Wikinger statt. Wer diese tolle Langzeitveranstaltung verpasst hat oder sich nicht mehr an sie erinnern kann (zu viel Met genossen?), dem rufen wir sie hier wieder ins Gedächtnis. Und da Wikingern bekanntermaßen die Rasur fern lag und wir als traditionsbewusste Bartträger in ihrem Sinne diese frühe Bartkultur durch unsere wunderbaren Bärte pflegen und fortleben lassen, durften die blackbeards da nicht fehlen. Auf jeden Fall war der Beginn unserer kooperativen Verbandelung mit dem Lokschuppen Rosenheim eine aufregende und unübersehbare Sache. Und zwar in Form eines tollen Fotoshootings, das den einen oder anderen Betrachter sichtbar beeindruckt hat. Passend zum Ausstellungsthema hatte sich die Crew in eine originalgetreue bewaffnete Wikingerhorde verwandelt.
Wikinger. Die gefürchteten nordischen Seefahrer.
Wie waren sie aber wirklich? Insgesamt haben die verklärten und romantisierten Vorstellungen von den Wikingern eher wenig mit den tatsächlichen Nordmännern zu tun. Das rustikale Image der Wikinger traf nämlich nur auf eine Minderheit zu. Sie waren größtenteils Bauern, Kaufleute und relativ gebildete Menschen. Die meisten beherrschten die Runenschrift, konnten also lesen und schreiben. Nur ein kleiner Teil dieser Volksgruppe konnte als rüde Rabauken bezeichnet werden. Diese wenigen dafür umso mehr als ebensolche. So war es bei Heranwachsenden üblich, eine Zeit lang in Gruppen per Schiff auf Raubzug zu gehen und Siedlungen nahe der im nordeuropäischen Umkreis gelegenen Küsten zu überfallen. Allerdings gingen die meisten von ihnen, nachdem sie sich die Hörner bei ihren wilden Fahrten abgestoßen hatten, in ein ruhigeres Dasein über.
Nicht belegt ist, ob das mit den Hörnern abstoßen bei den Wikingern wörtlich genommen werden konnte, denn sie sollen ihre Helme nur zu rituellen Zeremonien getragen haben, weil diese sie im Kampf angeblich eher behinderten. Nach der Sturm- und Drangzeit wurden die meisten bald sesshaft, siedelten selbst im Land und betrieben Ackerbau und Viehzucht. Einige von Ihnen zogen es jedoch vor, Seefahrt und Piraterie treu zu bleiben. Sie waren die wirklichen, in ganz Nordeuropa gefürchteten, Wikinger. Es waren regelrechte anarchistische Horden, die in Gruppen überschaubarer Größe hier und dort in die bestehenden Ländereien einfielen, brandschatzten, plünderten und entsprechend gefürchtet waren. Sie fuhren auch die Flüsse landeinwärts ab und drangen so tiefer ins Innere vor. Gar bis Paris sollen sie es geschafft haben, von wo sie sich aber bald wieder auf ihre Schiffe und die schützenden Gewässer zurückzogen. Vor größeren und fester organisierten Truppenverbänden, die ihnen entgegentraten, hatten sie nämlich ziemlichen Respekt.
Bekannt ist auch die Legende, dass sie lange vor den Spaniern und Portugiesen den nordamerikanischen Kontinent betraten und somit die wirklichen Entdecker dieser neuen Welt gewesen sind, was erst seit dem vorigen Jahrhundert als gesichert gilt. Denn Siedlungen mit den typischen Behausungen der Nordmänner, vor allem die auf Neufundland gelegene L´Anse aux Meadows, belegen dies. Die entdeckten Siedlungsplätze bestätigen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Authentizität der sogenannten Grönlandsaga. Sie überliefert die Überfahrt Leif Erikssons im Jahr 1000 von Grönland zur kanadischen Ostküste. Damit gilt Eriksson, Sohn Eriks des Roten, als erster Europäer, der je amerikanischen Boden betrat. Bei Erkundungen des neuen Lebensraums traf sein Bruder Thorvald Eriksson dann auf Ureinwohner, die er mit seinen Mannen angriff und tötete. Ein überlebender Einheimischer soll allerdings mit Verstärkung blutige Rache geübt und dem nordischen Seefahrer den Garaus gemacht haben. Ob sein Tod und die Niederlage bei dieser Auseinandersetzung der Grund für den endgültigen Abzug der Wikinger aus dem neuen Land gewesen ist, gilt als ungeklärt. Zumindest bestätigt aber der zeitgenössische Bremer Chronist Adam von Bremen die Entdeckung des amerikanischen Kontinents durch Leif Eriksson, der auch den Beinamen „der Glückliche“ trug.
Ihre stattlichen Bärte schützten die Wikinger zwar sicherlich vor dem häufigen Frost in den nördlichen Regionen, allerdings eben nicht vor den Waffen, mit denen sich die überfallenen Bewohner jener Gebiete wehrten, wahrscheinlich Vorfahren der Inuit, denen als indianisches Volk keine wilden Bärte wachsen. Was schließen wir daraus? Sein Bart macht zwar auch den Mann aus, doch ist Gewalt mitunter nicht immer das rechte Mittel. Und obwohl wildes Aussehen, das mancher Bartträger vermittelt, auch mit wildem Gebaren einhergehen kann, ist Gewalt damit nicht unbedingt gleichzusetzen. Sie gilt inzwischen als eher ungünstige Lösungsstrategie. Fast sind wir geneigt, hieran die Evolution der menschlichen Intelligenz auszumachen. War massive Ausübung von physischer Gewalt umso üblicher, je weiter wir in der Geschichte zurückblicken, so sind Ansätze zur Lösung von Konflikten, die ohne körperliche Gewalt auskommen, in der Neuzeit häufiger anzutreffen.
Skøl.
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